Climate Justice. Abolish Capitalism.
ein neues Shirt, wir drucken es in den nächsten Tagen, Hier schon mal eine Ansicht vom Andruck und die Hintergründe zum Begriff "Klimagerechtigkeit"
Den text haben wir dem Blog
klimaretter.hamburg entnommen, da er die komplex Thematik gut beschreibt.
Im Kern der Debatte um Klimagerechtigkeit steht somit die Erkenntnis, dass zwar alle Länder von den Folgen des Klimawandels betroffen sind oder sein werden, dass allerdings diejenigen, die am meisten dazu beigetragen haben, im Schnitt am wenigsten unter den Auswirkungen leiden (werden). Und umgekehrt: dass diejenigen, die durch ihren geringen Ressourcenverbrauch und Ausstoß von Treibhausgasen am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, im Schnitt viel stärker den daraus resultierenden existenziellen Risiken ausgesetzt sind. Den Industrienationen stehen zudem mehr und ausreichend finanzielle Mittel und Technologien zur Verfügung, um sich vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Diese Ressourcen haben sie genau durch jene Aktivitäten angehäuft, die zu den klimatischen Veränderungen geführt haben.
Der Begriff entstand Ende der 80er, Anfang der 90er Jahren im Rahmen der wachsenden Umweltbewegung und basiert auf Erfahrungen von Umweltungerechtigkeit und Umweltrassismus, die indigene, schwarze, eingewanderte und benachteiligte Gemeinschaften erfuhren. Während die bürgerliche Mittel- und Oberschicht dafür kämpfte, ihre Wohnorte, Arbeitsplätze und Erholungsgebiete frei von Radioaktivität, Müll und Gift, Lärm, Luft- und Wasserverschmutzung zu halten, wurden die Sondermülldeponien, Atomendlager, umweltverschmutzenden Fabriken, Kohlekraftwerken oder Autobahntrassen an den Stadtrand, in Indigenen-Reservate, Arme-Leute-Viertel und unwirtliche oder dünn besiedelte Gebiete verlegt, in denen häufig marginalisierte Gruppen lebten. Oder ganz in Länder des Globalen Südens exportiert. Gegen diesen „Umwelt- und Klimarassismus“ formulierte Ende der 90er der US-amerikanische Klimaaktivist Tom Goldtooth vom Indigenous Environmental Network die Forderung nach Klimagerechtigkeit und definierte so den Klimawandel als eine Frage der Menschenrechte und der Gerechtigkeit.
In neuerer Zeit sorgt vor allem das
Black Earth Kollektiv dafür, dass rassismuskritische, feministische, anti-koloniale und vielfaltssensible Inhalte in der Klimagerechtigkeitsdiskussion sowie in Bewegungen wie Fridays4Future thematisiert werden und stärker berücksichtigt werden. Dazu gibt es in der Podcast-Serie „Über Frauen“ ein hörenswertes Interview mit Imeh Ituen, einer der Mitbegründerinnen des Black Earth Kollektivs.
Der Environmental Justice Atlas der Autonomen Universität von Barcelona dokumentiert weltweit fast 3500 Fälle von sozialen Konflikte um Fragen der Umweltgerechtigkeit. Er liefert die wichtigsten Fakten zum jeweiligen Fall nebst ergänzenden Hintergrundinformationen und erzählt v.a. die Geschichten von Gemeinschaften, die sich weltweit für Umwelt- und Klimagerechtigkeit einsetzen. Dazu gibt es Karten zu Spezialthemen wie Fracking, Landnahme oder Bergbaukonflikte in Südamerika. Die Fälle können nach Kategorien (Wasser, Müll, fossile Energien, Landnahme, Privatisierung) Ländern recherchiert werden.
Klimagerechtigkeit in der Politik
In der öffentlichen politischen Debatte in Deutschland wurde der Begriff Klimagerechtigkeit erstmals im Jahr 2007 eingeführt und als einer der Grundpfeiler der zukünftigen, weltweiten Klimapolitik definiert. Auf dem Klimagipfel 2012 in Kopenhagen wurden drei Dimensionen der internationalen Klimagerechtigkeit festgemacht. Zum einen soll das Überleben aller Staaten durch die Begrenzung der Erderwärmung auf max. 2° Grad gesichert werden (das sog. 2 Grad-Ziel). Zum anderen sollen die durch den Klimawandel ausgelösten Lasten international gerecht verteilt werden. Und schließlich sollen alle Staaten die Möglichkeit einer gerechten Beteiligung an den klimapolitischen Transformationen und den damit verbundenen Chancen haben. Um nachhaltige Lösungen zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels global und gerecht umzusetzen, müssen alle drei Dimensionen zusammengeführt werden, d.h. Lasten, Risiken und Chancen des Klimawandels müssen gerecht unter den Staaten der Erde verteilt werden.
Besonders die kleinen Inselstaaten des Pazifiks weisen dabei immer wieder nachdrücklich darauf hin, dass bereits bei 2° Erderwärmung ihre Existenz durch den steigenden Meeresspiegels massiv bedroht sei. Sie fordern deshalb die Begrenzung der Erderwärmung auf max. 1,5°. Selbst dann ist mit dramatischen Folgen für das Wetter, den Meeresspiegel, die Artenvielfalt, die Ernten und die Wasserversorgung in vielen Regionen zu rechnen. Auf der Grundlage dieser Überlegungen wurde im Dezember 2015 auf dem Klimagipfel in Paris (COP21) von der Staatengemeinschaft ein Klimaabkommen beschlossen, das die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2° C – möglichst auf 1,5°C – vorsieht.
Systemwandel statt Klimawandel
Die Industrienationen haben die letzten Jahrzehnte für den Aufbau ihres immensen Wohlstands genutzt, haben dabei insbesondere auf fossile Energieträger zurückgegriffen und massive klimatische Veränderungen in Kauf genommen. In Anbetracht von Hunger und Armut in vielen Regionen des Globalen Südens ist es verständlich, dass die Vertreter:innen der betreffenden Staaten das gleiche Recht auf wirtschaftliche und industrielle Entwicklung fordern, wie es die Industrieländer seit über 100 Jahren für sich in Anspruch genommen haben. Dabei wehren sich viele Ländervertreter:innen gegen kostenintensive Umweltauflagen, da die umweltpolitische Verantwortung aus ihrer Sicht bei den historischen Verursacher:innen des Klimawandels liegt.
Darüber hinaus ist der vom Klimawandel am stärksten betroffene Teil der Weltbevölkerung oftmals aufgrund mangelnder oder unzureichender technischer, finanzieller und personeller Kapazitäten und Infrastrukturen kaum in der Lage, passende Klimaschutz- und Anpassungsstrategien zu entwickeln. Während z.B. die Bevölkerung auf Tuvalu oder in Bangladesch in steigenden Meeresfluten untergeht, können in Europa zum Schutze der Menschen Deiche und schwimmende Städte gebaut werden. Die ohnehin bestehende globale Armut und Ungleichheit werden so verstärkt. Zudem sind diese Länder und Bevölkerungsgruppen (z.B. Indigene, Frauen, kleinbäuerliche Familien) auf lokaler und internationaler Ebene in den entscheidenden Gremien und Debatten häufig unterrepräsentiert.
Der Umgang mit und die Anpassung an den Klimawandel kann folglich nicht losgelöst von Armutsbekämpfung und Entwicklungsfragen diskutiert werden und muss in ökonomische, gesellschaftliche und machtpolitische Zusammenhänge gestellt werden.
Oder wie es die kanadische Publizistin Naomi Klein einmal formulierte: Bei der Klimakrise geht es um nichts weniger als um Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima.
Wie aber kann eine globale Transformation von der Ära des ressourcen- und kohlenstoffintensiven Wachstums in eine Ära des ressourceneffizienten und kohlenstoffarmen Wirtschaftens schnell, global und gerecht für alle Staaten und Menschen vollzogen werden? Ein einfaches Weitermachen bietet keine Antworten: Deshalb ist die wachsende internationale Bewegung für Klimagerechtigkeit eng verbunden mit Konzepten von DeGrowth und Gemeinwohlökonomie, De-Kolonisierung und Anti-Rassismus, mit der Frage nach Menschenrechten und Geschlechtergerechtigkeit, mit Forderungen nach ökologischem Landbau, Fairem Handel und einem „Guten Leben für Alle“.
Intergenerationelle Gerechtigkeit
Dabei bezieht sich die Frage nach (Klima-)Gerechtigkeit nicht nur auf die jetzt lebenden Menschen, sondern auch und besonders auf die kommenden Generationen, die unter den Folgen klimatischer Veränderungen zu leiden haben werden, zu denen sie nicht oder nur unwesentlich beigetragen haben. Das bedeutet, es geht immer auch um eine intergenerationelle Perspektive. Unser heutiges Handeln hat massive Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen, die zu recht fragen:
Why should I be studying for a future that soon may be no more, when no one is doing anything to save that future?