

A1 Format (594 x 841) auf 150 gramm Karton
Thomas Sankara war ein sozialistischer Revolutionär in den 1980er Jahren, als der Sozialismus seine besten Zeiten hinter sich hatte. Er warnte vor Aids und kämpfte für Frauenrechte, als die Krankheit und der Feminismus von vielen noch kleingeredet wurden.
Sankara war und ist die Hoffnung nicht nur seines eigenen Landes, sondern ganz Afrikas und insbesondere der jungen Generation des Kontinents.
Sankaras Politik zielte nicht nur auf Ernährungssicherheit, sondern das viel umfassendere Prinzip der Ernährungssouveränität. Hierbei setzte er erfolgreich auf die Förderung und Weiterentwicklung kleinbäuerlicher Strukturen und Kollektive und machte sein klimatisch eher benachteiligtes Land Burkina Faso in nur knapp vier Jahren unabhängig von Nahrungsmittelimporten.
Thomas Sankara setzte bei der Entwicklung seines Landes weitestgehend auf die eigene Kraft, sich selbst zu entwickeln. Er schlug Hilfen und Solidarität nicht komplett aus, aber sie hatten sich unter national erarbeitete Entwicklungsvorstellungen, -ziele und -notwendigkeiten unterzuordnen und ausschliesslich Hilfe zur Selbsthilfe zu sein. Sankara sah in der klassischen internationalen Entwicklungshilfe (heute Entwicklungszusammenarbeit) einen gesellschaftszersetzenden Aspekt. Sie trägt seines Erachtens wesentlich dazu bei, dass die Gesellschaften Afrikas heute im Alltag häufig eine "Opfer- und Bettlermentalität" entwickelt haben, die sie von den offenen und versteckten Vorgaben, Bedingungen und Konditionen der Geldgeber abhängig macht. Unter dieser Perspektive wird die Entwicklungshilfe zu einem Instrument der Abnahme von (Eigen-)Verantwortung und der Unterwerfung unter ausländische Interessen.
Auf internationaler Ebene prangerte Sankara die ungerechte Schuldenpolitik an. Konzepte, wie die Tragfähigkeit und Rechtmäßigkeit von Schulden, die erst später in den internationalen Diskurs Einzug erhielten, brachte Sankara selbstbewusst in die Debatte ein. Dabei beanspruchte er, auf Augenhöhe mit den ehemaligen Kolonialherren, IWF und der Weltbank zu kommunizieren, scheiterte jedoch zwischen den Fronten des Kalten Krieges, v.a. aber auch an der neokolonialen Politik Frankreichs. Eine Debatte, die angesichts der Eurokrise und der Staatsverschuldung Griechenlands (und anderer peripherer Eurostaaten) heute wieder im Zentrum der Aktualität steht.
Während des Grenzkrieges zwischen Mali und Obervolta 1974 wurde Sankara Hauptmann der obervoltaischen Luftwaffe. Hier lernte er den Captain Blaise Compaoré kennen. Zusammen gründeten sie die Geheimorganisation kommunistischer Offiziere (Regroupement des officiers communistes (ROC)), um sich gegen Korruption einzusetzen.
Nebenher wurde Sankara in der Hauptstadt Ouagadougou immer bekannter, da er als Gitarrist in einer relativ bekannten Jazz-Band spielte.
1981 wurde Sankara zum Informationsminister ernannt und 1983 zum Premierminister unter Jean-Baptiste Ouédraogo. Immer lauter forderten er und seine Anhänger die Abgabe von Macht an die Zivilbevölkerung. Dies führte 1983 zur Inhaftierung Sankaras.
Als er aus dem Gefängnis freikam, beteiligte er sich an dem unblutigen Putsch seines Freundes Blaise Compaoré. Nachdem dieser erfolgreich war, wurde Sankara zum 5. Präsidenten Obervoltas ernannt.
Inspiriert von Fidel Castro in Kuba wollte er das Land sozialistisch revolutionieren. Außerdem war Sankara ein Panafrikanist und Anti-Imperialist. Er wollte das Land so weit wie möglich unabhängig von Importen machen.
Um dies zu erreichen, leitete er eine große Bodenreform ein und brachte die Planwirtschaft so auf den Weg. Auch der Kampf gegen Hunger und Korruption waren wichtige Punkte seiner Politik. Regierungsmitgliedern sollte weniger Luxus zur Verfügung stehen und die teuren Limousinen wurden durch den Renault 5 ausgetauscht – das billigste Auto zu dieser Zeit.
1984 veranlasste Sankara die Umbenennung Obervoltas in Burkina Faso, das Land der Aufrechten bzw. Land der Integren.
Zudem setzte sich Sankara stark für die Rechte der Frauen ein. Zu dieser Zeit war Burkina Faso das Land in Afrika mit den meisten Frauen im Parlament. Die Beschneidung der Frau wurde verboten, Polygamie von Sankara verurteilt, Verhütung hingegen propagiert.
"Ich spreche im Namen aller Frauen weltweit, die unter einem System der Ausbeutung leiden, das Männer erzwungen haben", rief er leidenschaftlich vor der Uno. Das waren nicht nur leere Worte: Ungewöhnlich viele Stellen in seiner Regierung besetzte Sankara mit Frauen. Und während andere afrikanische Regierungen noch die Existenz von Aids leugneten, warnte er öffentlich vor der Epidemie.
Des Weiteren gab es große Impfkampagnen und Alphabetisierungsprogramme für die gesamte Bevölkerung. Sankara setzte sich für die Unabhängigkeit des Landes ein und förderte einheimische Kleidungsunternehmen. Zum Beispiel mussten während seiner Zeit als Präsident alle Schuluniformen, Militäruniformen und Kleidung für die Regierung aus einheimischen Baumwollstoffen hergestellt werden.
Thomas Sankara war mit Yacouba Sawadogo befreundet, der durch die traditionelle “Zai”-Methode als “Mann, der die Wüste aufhielt” bekannt wurde. So legten die beiden durch Aufforstungsversuche in der Sahel-Zone als Gegenmaßnahme zur Desertifikation den Grundstein für die “Grüne Mauer”.
Sankara weigerte sich Staatsschulden an europäische Länder zu zahlen, da er den Ursprung dieser Schulden in der Zeit des Kolonialismus erkannte. Er sprach sich auch gegen Entwicklungshilfe aus und wollte sie durch einen gemeinsamen Anlagenfond der Entwicklungsländer ersetzen.
Die westlichen Länder empörte Sankara, als er sich 1987 in einer bald berühmten Rede vor der Organisation für Afrikanische Einheit weigerte, Staatsschulden zurückzuzahlen - und Afrikas Staatschefs aufforderte, seinem Beispiel zu folgen. "Die Ursprünge der Schulden liegen im Kolonialismus", argumentierte Sankara. Zahle man sie, werde man "sterben"; wer das tun wolle, solle eben brav zur Weltbank fliegen.
Drei Monate später wurden Sankara und enge Vertraute bei einem Putsch ermordet.
1987 wurde Sankara von seinem alten Weggefährten Blaise Compaoré umgebracht. Es wurde allerdings eine “natürliche Todesursache” angeben. Compaoré stellte sich als “Retter der Revolution” dar, da Sankara das Land willkürlich und im Alleingang regiert hätte. Compaoré wurde daraufhin zum Präsidenten ernannt und blieb dies auch, bis er 2014 vom eigenen Volk verjagt wurde.
Heute wird Thomas Sankara in vielen afrikanischen Ländern als Held gefeiert, besonders in Burkina Faso. Anders als andere junge Revolutionäre auf dem afrikanischen Kontinent (abgesehen von Nelson Mandela und Patrice Lumumba), die sich von Idealisten zu korrupten und unbeliebten Altpolitikern entwickelten, wird durch Sankaras junge Ermordung immer das Bild eines gutaussehenden jungen Idols bestehen bleiben. Am 15. Oktober gedenken die Menschen in Burkina Faso dem “afrikanischen Che Guevara” Thomas Sankara.
Müller, I. A. / Thomas Sankara im westafrikaportal, o. D.
Hielscher, H. & Gunke, C. / Afrikas Che Guevara im Spiegel vom 15.10.2018.